Denis Kuschel
Noch bevor wir uns im Jahr 2023 unter dem Weihnachtsbaum versammeln konnten, hatte ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts für Aufsehen gesorgt: Das Gericht ließ ein besonderes Finanzkonstrukt rückabwickeln. Mit Hilfe von Sondervermögen hatte die Bundesregierung versucht, die teils widerstreitenden Interessen der Ampelkoalitionäre unter einen Hut zu bekommen. Nachdem das Urteil im politischen Berlin ein gewaltiges Beben ausgelöst hatte, verblieb zumindest vorübergehend eine gewisse Schockstarre.
Aus heutiger Sicht lässt sich festhalten: Es war der Beginn eines lähmenden Dauerstreits, dessen Zeuge wir wurden. Kaum ein Gesetzesvorhaben, bei dem sich die Koalition nicht gegenseitig blockierte und die Akteure jeweils versuchten das politische Vorhaben des Anderen als Verhandlungsmasse für die eigenen Vorhaben zu nutzen.
Es folgte der 6. November 2024. Dem Tag ist ein Platz in den Geschichtsbüchern gewiss. Am frühen Vormittag Ortszeit, erreichten uns die Eil-Meldungen aus den USA: Donald Trump hatte die Präsidentschaftswahl mit deutlichem Abstand gewonnen. Seine erneute Präsidentschaft dürfte weitreichende Folgen haben, für Amerika, für Deutschland und für die Weltgemeinschaft. Am Abend dann der nächste Paukenschlag: Der Bundeskanzler entließ seinen Finanzminister und kündigte damit auch die Regierungskoalition auf. Zuvor soll sich der Finanzminister geweigert haben, dem Wunsch nach einer Ausnahme von der Schuldenbremse nachzukommen. Letztlich führte wohl der kreative Umgang mit den Grundsätzen des Haushaltsrechts und der Streit über die Einigung auf einen Haushalt zum Ende der Ampelkoalition. Was uns wieder zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts führt.
Und plötzlich steht Weihnachten vor der Tür. Die Vorweihnachtszeit war bereits von lautem Wahlkampfgetöse für die vorgezogene Bundestagswahl geprägt. Besinnlichkeit, wohl Fehlanzeige! Aber, weil Weihnachten, dürfen wir uns etwas wünschen. Was könnte dies sein? Mein Weihnachtswichtel möchte Ihnen einen Vorschlag unterbreiten und präsentiert die Weihnachtswünsche 2024: „Stabile Mehrheiten und eine handlungsfähige Regierung.“
Zwei Wünsche, so klar und scheinbar selbstverständlich. Die meisten Demokraten könnten sich vermutlich hinter diesen Wünschen versammeln. Dass es so einfach nicht ist, zeigt uns der Blick zurück: Wenn sich Partner finden müssen, die weder inhaltlich oder gar persönlich zusammenpassen, kann es schwierig werden. Ein oft nur schwer erträgliches Theater, bei dessen Dauerstreit man sich fast zwangsläufig an einen Streit im Sandkasten erinnert fühlte. Am Ende war der Streit nicht nur anstrengend, sondern auch teuer. Ökonomen haben jüngst in einer Studie errechnet, dass die wirtschaftspolitische Unsicherheit durch den Dauerstreit der Regierungskoalition allein in diesem Jahr zu einem volkswirtschaftlichen Schaden von 20 Mrd. Euro geführt habe. Was hätte man davon für Weihnachtsgeschenke kaufen können!
Der Rückblick zeigt uns also, so sollte es nicht wieder werden. Was uns erwartet, bleibt wie so oft ungewiss. Einfacher wird es sicher nicht. Die Parteien-Landschaft ist vielfältiger und die Regierungsbildung damit schwieriger geworden. Oder eine alte Bekannte kehrt zurück, die „Große“ Koalition. Auf das Ergebnis der nächsten Bundestagswahl dürfen wir jedenfalls gespannt sein. Die Parteien, Köpfe und Lösungsansätze werden vielleicht andere sein. Die politischen Herausforderungen bleiben, solange nicht gelöst, dieselben –ergänzt um neue Herausforderungen.
Ich bleibe dennoch optimistisch und wünschen Ihnen allen fröhliche Weihnachten!